Ausstellung erinnert an Ermordung von Kranken vor 80 Jahren

23. September 2021

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Lübeck: Auf dem Gelände der heutigen Uniklinik befand sich früher die Heilanstalt Strecknitz. Von dort wurden vor 80 Jahren mehr als 600 Menschen deportiert und ermordet, zudem auch zehn junge Menschen aus dem Heim Vorwerk. Die Ausstellung „plötzlich weg“ informiert ab dem 23. September über diese Opfer der NS-Euthanasie sowie den Widerstand der vier Lübecker Märtyrer gegen die Krankenmorde.

Bereits seit den 1980er Jahren erinnert ein Stein auf dem Parkgelände, das an die Gebäude der ehemaligen Heilanstalt grenzt, an die Deportationen vom 23. September 1941. Doch das reicht den Studierenden nicht mehr. „Denn trotz des Steines ist der Mehrheit der Menschen auf dem Campus der historische Kontext noch immer nicht bekannt. Deshalb soll diese Ausstellung die Ereignisse vor 80 Jahren in das Bewusstsein der Besucherinnen und Besucher rufen und auch einen Ort der Aufklärung darstellen“, sagen die Studierenden. „Wir wollen hiermit ein Zeichen gegen das Vergessen setzen und Orte des Erinnerns schaffen. Aus diesem Grund werden auch permanente Tafeln am Turmgebäude und am Gedenkstein installiert, so dass zukünftigen Generationen eine Möglichkeit der Information verbleibt.“
Auch der Psychiater Dr. Peter Delius, der in den 1980er Jahren als Student und AStA-Mitglied die Vorgänge in Lübeck erforscht hat und maßgeblich für die Aufarbeitung der Geschichte eingetreten war, hält es für wichtig, mit der Erinnerung an die teilweise bis heute tabuisierten Krankenmorden und hat sich deshalb an der Ausstellungsgruppe beteiligt. Er wird bei der Eröffnung der Ausstellung in einem Vortrag über die Schwierigkeiten bei den früheren Forschungen zum Thema berichten.
Die Ausstellung „plötzlich weg“ kann deshalb auch nicht an einem beliebigen Ort statt finden, denn sie soll das Thema „NS-Euthanasie“ genau dorthin tragen, wo es auch heute noch Teil berufsethischer Orientierung sein sollte und dorthin, wo Menschen von Krankheit und von den Fragen des Umgangs damit betroffen sind.
Und auch aus der Perspektive der Märtyrer-Gedenkstätten sollte das Thema ein zentraler Bestandteil der Lübecker Erinnerungskultur werden und bleiben. Die Todesurteile für die vier Lübecker Geistlichen wurden unter anderem mit der Verteilung von Schriften begründet, die über die Tötung der hilflosen und kranken Menschen aufklärten und sich dagegen verwehrten. „Für den evangelischen Pastor Karl Friedrich Stellbrink hatte das Thema darüber hinaus auch eine familiäre Relevanz, da seine Schwester in einer Heilanstalt lebte und damit auch bedroht war“, erklärt die Leiterin der Gedenkstätte Lutherkirche, Dr. Karen Meyer-Rebentisch.
Die Ausstellung wird am 23. September um 18 Uhr im Beisein von Vertretern von Universität und Klinik eröffnet. Bürgermeister Jan Lindenau spricht ein Grußwort. Historische Einführung ins Thema durch Dr. Peter Delius. Die Eröffnung wird durch ein musikalisches Programm von Studierenden der Musikhochschule Lübeck umrahmt.
Geöffnet ist die Ausstellung im Haus A des UKSH, ehemaliger Haupteingang, bis zum 30. Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.