Ostermarsch 2021 Lübeck – Rede von Bernd Meimberg

7. April 2021

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Ostermarsch am 3.4.2021 in Lübeck
Kriege verhindern!
Abrüsten statt Aufrüsten!
Atomwaffen abschaffen!
Kriegsvorbereitung im Ostseeraum stoppen!

Redebeitrag von Bernd Meimbergeinem der Sprecher der
VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten e.V. Lübeck / Krs. Hzgt. Lauenburg,
die den Ostermarsch mit vorbereitet hat im Rahmen der „Initiative Lübecker Ostermarsch 2021“.

Es gilt das gesprochene Wort:

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Wir begrüßen uns herzlich zu dem 61 .Ostermarsch, der trotz eingeschränkter Grundrechte dieses Jahr wieder auf der Straße stattfindet. Die Außenwerbung war unter diesen Bedingungen behindert, und Friedensfreundinnen und Friedensfreunde haben Bedenken an Versammlungen wie unserem Ostermarsch teilzunehmen.
Egal wie die Bedingungen auch sind:

Friedensbewegung gehört auf die Straße und zwar laut und vielfältig. Das liebe Freundinnen und Freunde lassen wir uns nicht nehmen.

Als 1960 die Friedensbewegung mit den Ostermärschen gegen die Atombombe begann, konnte niemand ahnen, dass bis zu heutigem Tag immer mehr Menschen in immer mehr Orten um Ostern herum mit vielfältigen Aktionen und Ostermärschen für den Frieden, für eine atomwaffenfreie Welt demonstrieren.
Was damals als Vision begann, fängt an Realität zu werden, nachdem eine Vollversammlung der Vereinten Nationen den Atomwaffenverbotsvertrag mit 122 Delegiertenstimmen angenommen wurde. Der Vertrag wurde von 83 Regierungen unterzeichnet und von 52 Staaten ratifiziert, und er ist für diese Staaten nun geltendes Völkerrecht .

Auch dieses Jahr ist die Friedensbewegung bundesweit unterwegs, teils in großen Bündnissen mit Organisationen, Gewerkschaften, Parteien, kirchlichen Gruppen, und Jugendgruppen.

Wir gehen an Ostern auf die Straße, nicht weil es Tradition hat, sondern wir gehen auf die Straße, um für Frieden zu streiten und über die üblen Machenschaften der Politik und ihre Helfer aufzuklären.

Auch um unsere gewählten Abgeordneten daran zu erinnern, dass sie gewählt worden sind den Frieden zu sichern, und nicht dafür, durch Aufrüstung und Kriegsandrohungen die Welt noch unsicherer zu machen als sie schon ist. Es geht uns Friedenskräften insbesondere darum, die offensichtlichen Lügen, Verleumdungen, Manipulationen, Völkerrechtsverstöße, Widersprüche und realen Auswirkungen der NATO-Politik aufzudecken.

Auch dieses Jahr haben wir gute Gründe, massenweise auf die Straße zu gehen. Unser Leben wird zur Zeit nicht nur von diesem Coronavirus begleitet sondern hauptsächlich von Kriegsrhetorik und Kriegsvorbereitung gegenüber Russland, China, Iran und Nordkorea.
Kriege werden weitergeführt, obwohl die jeweilige Bevölkerung massenhaft die Flucht ergriffen hat und die Länder wie Syrien und Jemen fast vollständig zerstört sind.
Länder wie Venezuela, Kuba, Iran, Syrien werden mit existenzbedrohenden Blockaden und Strafsanktionen bedacht. Es kümmert nicht, dass in Venezuela ca. 40.000 Menschen aufgrund der Blockaden gestorben sind.

Die weltweiten Spannungen, Kriegsvorbereitungen und die Klimakatastrophe werden als die derzeit größten Bedrohungen für die Weiterexistenz der Menschheit eingestuft.
Das Wort Frieden oder – wie kann der Weltfrieden gewahrt werden – kommen kaum vor und wenn, dann häufig im Zusammenhang mit der NATO als „größtes Friedensbündnis der Welt“.

Ausgerechnet die NATO mit der Führungsmacht USA, von denen die größten Gefahren für Frieden und Stabilität in Europa ausgehen – und das nicht nur in Europa.
Die USA und die NATO planen derweil eine der größten Militärübungen der letzten Jahre, nämlich „Defender Europe 21“. 28.000 Soldaten aus 26 Ländern sollen zeitgleich in mehr als 30 Trainingsgebieten Krieg gegen Russland üben. Das heißt: von Norden vom Gebiet um die Ostsee bis zum Süden mit den Gebieten um das Schwarze Meer.
Von diesem Monat an bis Juni dauert das US-geführte Großmanöver. Deutschland wird wieder als Drehscheibe für umfangreiche Truppenbewegungen dienen.

Eine Beteiligung deutscher Streitkräfte an einer Übung zur Kriegsvorbereitung ist gegen das Grundgesetz.
Allerdings kümmert das die BRD schon lange nicht mehr. Das Grundgesetz und die UN Charta als gesetzliche Grundlage für die Bundeswehr zu beschwören – aber das Gegenteil tun – das ist deutsche Militärpolitik.
So erklärt die die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS), das wichtigste
militärpolitische Strategiezentrum der Bundesregierung (Zitat):

… „Die Bundesrepublik soll zur Wahrung deutscher Interessen unter Umständen ,einen Militärschlag der USA und/oder Israels gegen Iran … unterstützen‘“.

Wir sagen: Kriege verhindern – Abrüsten statt aufrüsten und Atomwaffen abschaffen – das ist Gebot der Stunde und nicht eine Politik, die genau das Gegenteil tut.

Kriegsvorbereitungen im Ostseeraum stoppen ist eine Forderung bei unserem diesjährigen Ostermarsch.
Kein Gebiet Europas ist so stark militarisiert wie der Ostseeraum, wo sich auf engem Raum NATO und EU sowie Russland hochgerüstet gegenüber stehen. Ein möglicher Krieg zwischen der Nato und Russland hätte – neben dem Schwarzmeergebiet – in diesem geografischen Raum seinen Ursprung. In so einem Krieg wäre die Ostseeregion „Hauptschauplatz“ und Schleswig Holstein mit seinem Kriegshafen und Drohnennstützpunkt in Jagel besonders.

Da der Einsatz von Atomwaffen mit zu der militärischen Planung gehört, würde ein Krieg die Vernichtung weiter Gebiete zur Folge haben.
Der Konflikt würde sich auch auf die Nordsee und die Nordpassage ausdehnen.

Im Ost- und Nordseeraum wird aufgerüstet wie nie zuvor und das muss gestoppt werden.

Um den Konflikt zu verschärfen, verlegen die USA eine Staffel von strategischen Bombern nach Norwegen. Außerdem werden kleinere Kriegsschiffe stationiert und U-Boote mit atomar bestückbaren Marschflugkörpern sollen ständig in Bereitschaft sein. Das deutsche Militär spielt hierbei eine mitentscheidende Rolle. Die ständigen Luftraumverletzungen in dem Gebiet erhöhen die Gefahr eines Krieges „aus Versehen“.

Dahinter steht die Sicherheitsstrategie der USA, die auch von Nato und Bundesregierung übernommen wurde. Sie wurde bereits 1992 kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjet Union unter dem Namen „No Rivals“ veröffentlicht. Sie besagt – ich zitiere:

„Unser erstes Ziel ist, den (Wieder-)Aufstieg eines neuen Rivalen zu verhüten, sei es auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion oder sonst wo, der eine Bedrohung der Größenordnung darstellt, wie früher die Sowjetunion. …
Wir müssen versuchen zu verhüten, dass irgendeine feindliche Macht eine Region dominiert, deren Ressourcen – unter gefestigter Kontrolle ausreichen würden, eine Weltmachtposition zu schaffen. Solche Regionen sind Westeuropa, Ostasien, das Gebiet der früheren Sowjetunion und Südwestasien.“
(Zitat aus dem Strategiepapier)

Die Kriegsvorbereitung gegen Russland hat also nichts mit irgendwelchen innenpolitischen Ereignissen in Russland zu tun, geschweige denn mit den Konflikten in der Ukraine oder mit dem Eintritt der Krim in die russische Föderation. Diese Ereignisse gab es damals noch nicht.
Nein, Russland stört schon immer und wird mittlerweile auch von der BRD als Feind betrachtet.
Diese Doktrin fließt ein in die Politik der EU und der BRD und natürlich in die der NATO.
Sie erhöht die Spannungen in der Welt bis hin zu einem Atomkrieg aus Versehen oder gewollt. Die NATO benötigt und benutzt das „Feindbild Russland“ zur Begründung und Rechtfertigung ihrer eigenen aggressiven Politik. Die USA benutzen es schon seit über 100 Jahren.

Alle wissen, dass die gegenwärtige Situation hoch gefährlich ist und für alle Ostseestaaten steht deren Existenz auf dem Spiel.

Es gibt nur einen Weg und der heißt Frieden. Für den Frieden sind breiteste Kreise der Bevölkerung mobilisierbar. Was in der Hoch-Zeit des „kalten Krieges“ an Rüstungskontrolle und Abrüstungsschritten möglich war, sollte doch heute auch möglich sein.
Die politische Eiszeit zwischen der EU, BRD und USA und Russland muss beendet werden.
Frieden und friedliche Koexistenz gehen nur mit Russland und nicht gegen Russland.

Nur im Frieden kann sich soziale Gerechtigkeit, gesellschaftlicher Fortschritt und gesundes Klima entwickeln.


Bernd Meimberg arbeitet mit im ZAA – Zusammenarbreitsausschuss der Friedensbewegung Schleswig-Holstein und vertritt die VVN-BdA im Bundesausschuss Friedensratschlag Kassel. Der Friedensratschlag findet seit 26 Jahren jedes Jahr am ersten Wochenende im Dezember statt und gehört zu einem der wichtigsten Kristallisationspunkte der Friedensbewegung.

Weniger als zwei Monate nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde das strategische Pentagon-Papier „Defence Planning Guidance“ (DPG) – bekannt unter dem Namen „NO RIVALS“ (keine Rivalen) als neue Sicherheitsstrategie der USA veröffentlicht.