Erklärung der VVN-BdA zum 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion

18. Juni 2021

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Erklärung der VVN-BdA zum 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion

Vor 80 Jahren, am 22. Juni 1941 überfielen die Armeen Hitlerdeutschlands und ihrer Verbündeten die Sowjetunion. Damit begann das letzte Kapitel der Aggression des deutschen Faschismus gegen alle europäischen Völker. Doch dieser Krieg war nicht allein ein Eroberungskrieg um Raum und Ressourcen, es war von der Ideologie und Kriegsplanung ein Vernichtungskrieg gegen den „jüdisch-bolschewistischen“ Feind.

Die Generalität der Deutschen Wehrmacht machte mit dem Kommissarbefehl, dem Generalplan Ost sowie dem Handeln der Einsatzgruppen deutlich, dass sie dieses Konzept des Vernichtungskriegs von Anfang an unterstützten. Dieser Vernichtungswille zeigte sich in zahlreichen Mordaktionen, die Wehrmachtseinheiten und Einsatzgruppen des SD (Sicherheitsdienst der SS) gegen jüdische und slawische Zivilisten in den okkupierten Gebieten verübten. Allein dem Massaker von Babi Jar fielen im September 1941 über 30.000 Menschen zum Opfer.

Dieser Vernichtungskrieg brachte unendliches Leid über die Menschen und forderte mehr als 27 Millionen Opfer aus allen Teilen der Sowjetunion.

Es liegt in der Verantwortung heutiger Generationen, dass niemand diese Gräueltaten je vergessen oder relativieren darf.

Daher verwahren wir uns dagegen, dass u.a. durch die Resolution des Europäischen Parlaments vom 19. September 2019 eine skandalöse Form der Geschichtsverfälschung betrieben wird, indem mit Verweis auf den deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und damit letztlich auch für den Überfall auf die Sowjetunion den Opfern selber zugewiesen wird. Außerdem müssen wir erleben, dass in verschiedenen europäischen Ländern Kollaborateure des faschistischen Krieges, Freiwillige in den SS-Verbänden im Baltikum, die „Blaue Division“ in Spanien oder Bandera-Einheiten in der Ukraine als „Freiheitshelden“ in ihren jeweiligen Ländern gewürdigt werden. Hierin sehen wir verhängnisvolle Formen von Geschichtsrevisionismus, denen wir uns auch international entgegenstellen.

Wir erinnern daran, dass es die Einheiten der sowjetischen Streitkräfte waren, die im Verbund der Anti-Hitler-Koalition die Hauptlast der militärischen Befreiung Europas und auch unseres Landes getragen haben. Beginnend im Dezember 1941 mit der Schlacht vor Moskau, bei der die faschistische Illusion eines „Blitzkrieges“ platzte, im Februar 1943 mit der Niederlage der 6. Armee bei Stalingrad und dem anschließenden verlustreichen Vormarsch nach Westen.

Möglich wurde dies im gemeinsamen Handeln der Roten Armee

  • mit der Zivilbevölkerung, die in Leningrad eine Blockade von 900 Tagen standhielt, bevor es gelang, die faschistischen Aggressoren zu vertreiben, und an der Heimatfront enorme Anstrengungen in der Rüstungsproduktion unternahm,
  • mit den Partisaneneinheiten, die im Rücken der deutschen Einheiten begannen, die Versorgungswege zu blockieren und durch eigene militärische Aktionen eine große Zahl von Einsatzkräften im Hinterland banden,
  • und mit Unterstützung der westalliierten Verbündeten, die durch Lieferung von Rüstungsgütern und weiteren Materialien die Kampffähigkeit der sowjetischen Streitkräfte unterstützten.

Wir erinnern daran, dass auch deutsche Antifaschisten, die in der Sowjetunion Exil gefunden hatten, aber auch deutsche Soldaten, die im Krieg auf die sowjetische Seite wechselten, ihren Anteil als Frontbeauftragte, in Einheiten der Roten Armee und in anderen Formen an der militärischen Niederschlagung des deutschen Faschismus gehabt haben.

In Erinnerung an all diese Menschen, die sich an dieser Front für die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln und die Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit eingesetzt haben, treten wir ein

  • für eine angemessene Erinnerung und Würdigung der millionenfachen Opfer des Vernichtungskrieges,
  • gegen jede Form von Geschichtsrevisionismus und Rehabilitierung von NS Kollaborateuren,
  • für eine Friedenspolitik, die im Dialog mit Russland und den anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion eine neue Politik der Entspannung und Abrüstung in Europa ermöglicht.

Text: A. Flindt

Die FIR zum aktuellen Israelkonflikt

22. Mai 2021

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Wir veröffentlich die Pressemitteilung der „Fédération Internationale des Résistants (FIR)“ vom 14.05.2021 der wir uns anschließen:

Sofortige Beendigung der Gewaltspirale im Nahen Osten

Erneut müssen wir erleben, dass im israelisch-palästinensischen Konflikt Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung in erster Linie die Zivilbevölkerung trifft. Begonnen haben die Auseinandersetzungen vor vielen Tagen mit dem Versuch der weiteren Durchsetzung der von den Vereinten Nationen eindeutig verurteilten Siedlungspolitik, die auf eine Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung in Ost-Jerusalem hinausläuft. Mit der Behauptung von „jüdischen Eigentumsrechten“, die vor 70 Jahren in diesem Gebiet bestanden hätten, wollen nationalistische Siedler palästinensische Bewohner vertreiben. Proteste gegen Zwangsräumungen und Einschränkungen des Besuchs von islamischen Gotteshäusern beantwortete die israelische Regierung mit Repressalien. Nachdem das israelische Militär und andere Sicherheitskräfte die Eskalation in Ostjerusalem über mehrere Tage mit mehreren hundert Verletzten auf Seiten der palästinensischen Bevölkerung vorangetrieben hat, begann die Hamas mit dem Raketenbeschuss auf israelische Städte. Dies wiederum führte zu massivem Bombardement israelischer Luftstreitkräfte auf Gaza, die Zerstörung von ziviler Infrastruktur und andere Stellungen. Beide militärische Maßnahmen können das Problem nicht lösen. Wir appellieren für sofortige politische Gespräche, um die Bedrohung der Zivilbevölkerung zu beenden.

Es ist erkennbar, dass die Regierung Netanjahu diese Auseinandersetzung eskalieren ließ – und das auf dem Rücken der israelischen und der palästinensischen Zivilbevölkerung. Dass er dabei vor allem sein eigenes politisches Überleben im Sinn hat, macht sein Verhalten umso verwerflicher. Nachdem er trotz mehrfacher Neuwahlen nicht in der Lage war, eine eigene Regierungsmehrheit im Parlament zu erreichen, will er mit der Zuspitzung der militärischen Lage – wie es der Historiker Moshe Zimmermann klar analysierte – verhindern, dass seine politischen Opponenten, zu denen auch arabische Israelis gehören, sich zu einer politischen Koalition verbinden können.

Gleichzeitig will er damit die Biden-Administration drängen, sich – im Sinne der früheren Trump-Politik – für das Konzept von Jerusalem als israelische Hauptstadt zu positionieren, was eine politische Lösung mit der palästinensischen Seite auf Dauer verhindern würde.

Damit ist eine explosive Lage im Nahen Osten entstanden, die nur durch politische Gespräche entspannt werden kann. Denn eines ist klar. Mit diesen Eskalationen wird es keine friedliche Lösung des Konfliktes geben – Beobachter haben Sorgen vor einer dritten Intifada, die erneut viele hundert Opfer unter allen im Nahen Osten lebenden Menschen fordern würde.

Die FIR als „Botschafter des Friedens der Vereinten Nationen“ ruft zur Deeskalation unter Beteiligung der UNO auf. Die Hamas muss die Raketenangriffe auf israelische Städte sofort beenden. Die israelische Armee muss die Angriffe auf Gaza sofort stoppen. Und die politisch Verbündeten müssen der israelischen Regierung deutlich machen, dass sie nicht bereit sind, eine militärische Eskalation zu unterstützen, sondern sich für politische Lösungsschritte einsetzen.

„abrüsten statt aufrüsten“ Aktionskonferenz

20. April 2021

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Aktionskonferenz der Initiative „abrüsten statt aufrüsten“ vereinbart:
– Weiter für den Frieden auf die Straße
Mit der Forderung nach „Abrüstung“
– eingreifen in den Bundestagswahlen

Auf der online Aktionskonferenz des gesellschaftlichen Bündnisses „Abrüsten statt aufrüsten“ mit mehr als 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am 18.04.2021 sprach sich die stellvertretende Vorsitzende von ver.di Andrea Kocsis vehement gegen jegliche weitere Aufrüstung besonders gegen die von der Bundesregierung geplanten 2% BIP für Aufrüstung. „Der Teufelskreis weiterer Aufrüstung bringt keine Sicherheit, kostet nur immer mehr Geld und vergeudet Ressourcen für Zerstörung. Der ehemalige Staatssekretär im Bundesumweltministerium und Vorsitzende der Naturfreude Michael Müller verlangte angesichts der zwei planetarischen Bedrohungen durch den Klimawandel und die Atomwaffen eine Politik der gemeinsamen Sicherheit, die Kooperation der Staaten für die Lösung globaler Probleme.

Christoph von Lieven von Greenpeace verlangte eine „neue Friedenspolitik“ und setze sich nachdrücklich für den Beitritt Deutschland zum Atomwaffenverbotsvertrag ein. Der Friedensbeauftragte der evangelischen Kirche Renke Brahms unterstrich das vielfältige Friedensengagement der Kirchen besonders für atomare und konventionelle Abrüstung. Mit dem bundesweiten Aktionstag im Dezember 2020 und über einhundert Aktionen bei Ostermärschen ist die Friedensbewegung zurück auf den Straßen. Vielfältige Aktivitäten werden für den Sommer und Herbst vorbereitet. Dazu wurden insbesondere genannt:

  • Die Volksbefragung für einen zivilen
    Hamburger Hafen.
  • Die Aktionen gegen die neuen US-Atomwaffen in Büchel am 5. September und am Hiroshimatag am 06.August und dem 09. August 2021.
  • Die Friedenswanderung der Naturfreude
    ab dem 12. Mai 2021.
  • Veranstaltungen zum 8. Mai 2021, dem
    Tag der Befreiung.
  • Aktionen zum Antikriegstag am 1. September 2021.

Vereinbart wurde ein aktives Eingreifen in den Bundestagswahlkampf mit der Kernforderung nach Abrüsten, als zentrale Alternative zur Militarisierung. Die Kandidatinnen und Kandidaten sollen in allen Wahlkreisen und Städten in Veranstaltungen mit den Kernforderungen der Friedensbewegung konfrontiert werden. Frieden und Abrüstung wird Friedensbewegung in diesem Sommer als
Wahlkampfthema in allen Wahlkreisen gut sichtbar machen.

Die bundesweite Initiative abrüsten wird dazu gemeinsam mit der Frankfurter Rundschau eine zentrale Diskussion mit Spitzenkandidat*innen der Parteien Ende August in Berlin durchführen. In einer Aktionswoche vom 19.06. bis 26.06.2021 soll mit vielfältigen Veranstaltungen in den Wahlkampf eingegriffen werden, die Forderung nach Abrüstung öffentlich formuliert werden. Die vielfältigen Veranstaltungen zum 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion am 21./22.06 sollen Anlass sein, gerade angesichts der Ukrainekrise, die Notwendigkeit einer neuen  Entspannungspolitik, einer Politik der gemeinsamen Sicherheit zu thematisieren und einzufordern.

Wir wollen, dass „Abrüstung wählen“ ein Anliegen für viele Wählerinnen und Wählern wird, gerade angesichts der sozialen Verwerfungen als Folge auch von Covid 19, so Reiner Braun in seinen Schlussbemerkungen.

Bundesausschuss Friedensratschlag
Friedens- und Zukunftswerkstatt e. V.
c/o Frankfurter Gewerkschaftshaus
Wilhelm-Leuschner-Str. 69 – 77
60329 Frankfurt am Main
Tel.: 069 242499.50
Fax: 069 242499.51
Frieden-und-zukunft@t-online.de

Zur Webseite von abrüsten statt aufrüsten gehts hier –>

Ostermarsch 2021 Lübeck – Rede von Bernd Meimberg

7. April 2021

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Ostermarsch am 3.4.2021 in Lübeck
Kriege verhindern!
Abrüsten statt Aufrüsten!
Atomwaffen abschaffen!
Kriegsvorbereitung im Ostseeraum stoppen!

Redebeitrag von Bernd Meimbergeinem der Sprecher der
VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten e.V. Lübeck / Krs. Hzgt. Lauenburg,
die den Ostermarsch mit vorbereitet hat im Rahmen der „Initiative Lübecker Ostermarsch 2021“.

Es gilt das gesprochene Wort:

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

Wir begrüßen uns herzlich zu dem 61 .Ostermarsch, der trotz eingeschränkter Grundrechte dieses Jahr wieder auf der Straße stattfindet. Die Außenwerbung war unter diesen Bedingungen behindert, und Friedensfreundinnen und Friedensfreunde haben Bedenken an Versammlungen wie unserem Ostermarsch teilzunehmen.
Egal wie die Bedingungen auch sind:

Friedensbewegung gehört auf die Straße und zwar laut und vielfältig. Das liebe Freundinnen und Freunde lassen wir uns nicht nehmen.

Als 1960 die Friedensbewegung mit den Ostermärschen gegen die Atombombe begann, konnte niemand ahnen, dass bis zu heutigem Tag immer mehr Menschen in immer mehr Orten um Ostern herum mit vielfältigen Aktionen und Ostermärschen für den Frieden, für eine atomwaffenfreie Welt demonstrieren.
Was damals als Vision begann, fängt an Realität zu werden, nachdem eine Vollversammlung der Vereinten Nationen den Atomwaffenverbotsvertrag mit 122 Delegiertenstimmen angenommen wurde. Der Vertrag wurde von 83 Regierungen unterzeichnet und von 52 Staaten ratifiziert, und er ist für diese Staaten nun geltendes Völkerrecht .

Auch dieses Jahr ist die Friedensbewegung bundesweit unterwegs, teils in großen Bündnissen mit Organisationen, Gewerkschaften, Parteien, kirchlichen Gruppen, und Jugendgruppen.

Wir gehen an Ostern auf die Straße, nicht weil es Tradition hat, sondern wir gehen auf die Straße, um für Frieden zu streiten und über die üblen Machenschaften der Politik und ihre Helfer aufzuklären.

Auch um unsere gewählten Abgeordneten daran zu erinnern, dass sie gewählt worden sind den Frieden zu sichern, und nicht dafür, durch Aufrüstung und Kriegsandrohungen die Welt noch unsicherer zu machen als sie schon ist. Es geht uns Friedenskräften insbesondere darum, die offensichtlichen Lügen, Verleumdungen, Manipulationen, Völkerrechtsverstöße, Widersprüche und realen Auswirkungen der NATO-Politik aufzudecken.

Auch dieses Jahr haben wir gute Gründe, massenweise auf die Straße zu gehen. Unser Leben wird zur Zeit nicht nur von diesem Coronavirus begleitet sondern hauptsächlich von Kriegsrhetorik und Kriegsvorbereitung gegenüber Russland, China, Iran und Nordkorea.
Kriege werden weitergeführt, obwohl die jeweilige Bevölkerung massenhaft die Flucht ergriffen hat und die Länder wie Syrien und Jemen fast vollständig zerstört sind.
Länder wie Venezuela, Kuba, Iran, Syrien werden mit existenzbedrohenden Blockaden und Strafsanktionen bedacht. Es kümmert nicht, dass in Venezuela ca. 40.000 Menschen aufgrund der Blockaden gestorben sind.

Die weltweiten Spannungen, Kriegsvorbereitungen und die Klimakatastrophe werden als die derzeit größten Bedrohungen für die Weiterexistenz der Menschheit eingestuft.
Das Wort Frieden oder – wie kann der Weltfrieden gewahrt werden – kommen kaum vor und wenn, dann häufig im Zusammenhang mit der NATO als „größtes Friedensbündnis der Welt“.

Ausgerechnet die NATO mit der Führungsmacht USA, von denen die größten Gefahren für Frieden und Stabilität in Europa ausgehen – und das nicht nur in Europa.
Die USA und die NATO planen derweil eine der größten Militärübungen der letzten Jahre, nämlich „Defender Europe 21“. 28.000 Soldaten aus 26 Ländern sollen zeitgleich in mehr als 30 Trainingsgebieten Krieg gegen Russland üben. Das heißt: von Norden vom Gebiet um die Ostsee bis zum Süden mit den Gebieten um das Schwarze Meer.
Von diesem Monat an bis Juni dauert das US-geführte Großmanöver. Deutschland wird wieder als Drehscheibe für umfangreiche Truppenbewegungen dienen.

Eine Beteiligung deutscher Streitkräfte an einer Übung zur Kriegsvorbereitung ist gegen das Grundgesetz.
Allerdings kümmert das die BRD schon lange nicht mehr. Das Grundgesetz und die UN Charta als gesetzliche Grundlage für die Bundeswehr zu beschwören – aber das Gegenteil tun – das ist deutsche Militärpolitik.
So erklärt die die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS), das wichtigste
militärpolitische Strategiezentrum der Bundesregierung (Zitat):

… „Die Bundesrepublik soll zur Wahrung deutscher Interessen unter Umständen ,einen Militärschlag der USA und/oder Israels gegen Iran … unterstützen‘“.

Wir sagen: Kriege verhindern – Abrüsten statt aufrüsten und Atomwaffen abschaffen – das ist Gebot der Stunde und nicht eine Politik, die genau das Gegenteil tut.

Kriegsvorbereitungen im Ostseeraum stoppen ist eine Forderung bei unserem diesjährigen Ostermarsch.
Kein Gebiet Europas ist so stark militarisiert wie der Ostseeraum, wo sich auf engem Raum NATO und EU sowie Russland hochgerüstet gegenüber stehen. Ein möglicher Krieg zwischen der Nato und Russland hätte – neben dem Schwarzmeergebiet – in diesem geografischen Raum seinen Ursprung. In so einem Krieg wäre die Ostseeregion „Hauptschauplatz“ und Schleswig Holstein mit seinem Kriegshafen und Drohnennstützpunkt in Jagel besonders.

Da der Einsatz von Atomwaffen mit zu der militärischen Planung gehört, würde ein Krieg die Vernichtung weiter Gebiete zur Folge haben.
Der Konflikt würde sich auch auf die Nordsee und die Nordpassage ausdehnen.

Im Ost- und Nordseeraum wird aufgerüstet wie nie zuvor und das muss gestoppt werden.

Um den Konflikt zu verschärfen, verlegen die USA eine Staffel von strategischen Bombern nach Norwegen. Außerdem werden kleinere Kriegsschiffe stationiert und U-Boote mit atomar bestückbaren Marschflugkörpern sollen ständig in Bereitschaft sein. Das deutsche Militär spielt hierbei eine mitentscheidende Rolle. Die ständigen Luftraumverletzungen in dem Gebiet erhöhen die Gefahr eines Krieges „aus Versehen“.

Dahinter steht die Sicherheitsstrategie der USA, die auch von Nato und Bundesregierung übernommen wurde. Sie wurde bereits 1992 kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjet Union unter dem Namen „No Rivals“ veröffentlicht. Sie besagt – ich zitiere:

„Unser erstes Ziel ist, den (Wieder-)Aufstieg eines neuen Rivalen zu verhüten, sei es auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion oder sonst wo, der eine Bedrohung der Größenordnung darstellt, wie früher die Sowjetunion. …
Wir müssen versuchen zu verhüten, dass irgendeine feindliche Macht eine Region dominiert, deren Ressourcen – unter gefestigter Kontrolle ausreichen würden, eine Weltmachtposition zu schaffen. Solche Regionen sind Westeuropa, Ostasien, das Gebiet der früheren Sowjetunion und Südwestasien.“
(Zitat aus dem Strategiepapier)

Die Kriegsvorbereitung gegen Russland hat also nichts mit irgendwelchen innenpolitischen Ereignissen in Russland zu tun, geschweige denn mit den Konflikten in der Ukraine oder mit dem Eintritt der Krim in die russische Föderation. Diese Ereignisse gab es damals noch nicht.
Nein, Russland stört schon immer und wird mittlerweile auch von der BRD als Feind betrachtet.
Diese Doktrin fließt ein in die Politik der EU und der BRD und natürlich in die der NATO.
Sie erhöht die Spannungen in der Welt bis hin zu einem Atomkrieg aus Versehen oder gewollt. Die NATO benötigt und benutzt das „Feindbild Russland“ zur Begründung und Rechtfertigung ihrer eigenen aggressiven Politik. Die USA benutzen es schon seit über 100 Jahren.

Alle wissen, dass die gegenwärtige Situation hoch gefährlich ist und für alle Ostseestaaten steht deren Existenz auf dem Spiel.

Es gibt nur einen Weg und der heißt Frieden. Für den Frieden sind breiteste Kreise der Bevölkerung mobilisierbar. Was in der Hoch-Zeit des „kalten Krieges“ an Rüstungskontrolle und Abrüstungsschritten möglich war, sollte doch heute auch möglich sein.
Die politische Eiszeit zwischen der EU, BRD und USA und Russland muss beendet werden.
Frieden und friedliche Koexistenz gehen nur mit Russland und nicht gegen Russland.

Nur im Frieden kann sich soziale Gerechtigkeit, gesellschaftlicher Fortschritt und gesundes Klima entwickeln.


Bernd Meimberg arbeitet mit im ZAA – Zusammenarbreitsausschuss der Friedensbewegung Schleswig-Holstein und vertritt die VVN-BdA im Bundesausschuss Friedensratschlag Kassel. Der Friedensratschlag findet seit 26 Jahren jedes Jahr am ersten Wochenende im Dezember statt und gehört zu einem der wichtigsten Kristallisationspunkte der Friedensbewegung.

Weniger als zwei Monate nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde das strategische Pentagon-Papier „Defence Planning Guidance“ (DPG) – bekannt unter dem Namen „NO RIVALS“ (keine Rivalen) als neue Sicherheitsstrategie der USA veröffentlicht.

Ulrich Sanders Rede am Ostersonntag in Bochum

5. April 2021

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Rede am Ostersonntag in Bochum von Ulrich Sander,
einem der Bundessprecher der VVN-BdA

»Schon einmal hat man dem deutschen Volk den Vorwurf gemacht, geschwiegen zu haben, wo mutige Worte und Taten notwendig waren. In den Konzentrationslagern – wie Bergen-Belsen – kamen Millionen Menschen ums Leben. Bei Fortsetzung der Versuchsexplosionen und der atomaren Aufrüstung aber drohen der gesamten Menschheit Vernichtung.«

So beginnt der Aufruf zum ersten deutschen Ostermarsch der Atomwaffengegner, der vor 61 Jahren in Norddeutschland zum Raketenübungsplatz bei Bergen-Belsen führte. Ich war damals dabei und Mitveranstalter.

Von Anfang an waren Ostermärsche Aktionen gegen die Bombe und gegen den Faschismus – den alten wie den neuen. Die Anwendung der Atombombe wurde als faschistische Kriegsführung, weil vor allem Zivilisten betreffend, angesehen.

Heute ist die profaschistische Partei AfD auch eine Partei der atomaren Teilhabe Deutschlands, die wie Teile der Union nach eigenen Atomwaffen, nach »atomarer Abschreckung« drängt. Außer der LINKEN hat sich keine Partei für die Zustimmung Deutschlands zum Atomwaffenverbot bekannt, das die UNO beschlossen hat.

Die Bundesregierung plant, mittels zwei Prozent des BIP mehr an Rüstung pro Jahr den Militäretat bis 2024 zu verdoppeln. Dem schließt sich die AfD an und fordert in ihrem Programm »Streitkraft Bundeswehr“. Der Weg zur Verteidigungsfähigkeit Deutschlands« sogar noch weit mehr.

Leider müssen wir heute feststellen: Der Aufruf von 1960 ist noch immer aktuell. In unserem Land werden nach wie vor 20 Atomwaffen gelagert. Sie haben jeweils die vielfache Wirkung der Bombe von Hiroshima. Und sie sind in der Hand von Atommächten, die sie, wie die USA, bereits mit furchtbaren Folgen eingesetzt und getestet haben; ein Erstschlag mit dieser unmenschlichen Waffe ist noch immer Teil ihrer Militärdoktrin.

Zum ersten Ruhr-Ostermarsch, heute vor 60 Jahren, wurde ein »Europäisches Manifest« von Ostermarschierern vieler Länder Europas verlesen. Es heißt darin: Die Teilnehmer stellen fest, »dass die Probleme unserer Welt zu ernst sind, um noch militärisch gelöst werden zu können, und dass die Anbetung der blinden Zerstörung höchstens zur Vernichtung der Menschheit, nicht zur Lösung ihrer Probleme führen kann. Dieser Ostermarsch drückt unsere Forderung nach politischen Lösungen aus, nach einer Politik ohne Bombe. Europa ist aufgerufen, seinen politischen Beitrag im Kampf gegen Hunger, Krankheit und Elend zu leisten.«

Auf der Ostermarsch-Schlusskundgebung von 1961 führte der Dortmunder Philosoph Prof. Nikolaus Koch aus: »Wir sagen ein bedingungsloses Nein zum Atomkrieg, von welcher Seite er auch komme. Die Atombombe auf Hiroshima gestern und auf Hamburg, Moskau, New York oder London morgen ist in jedem Fall ein ungeheuerliches Verbrechen: das Verbrechen des Massenmordes an Männern, Frauen und Kindern, an Gesunden und Kranken, an Schuldigen und Unschuldigen. Für den modernen, totalen und atomaren Krieg gibt es keine Rechtfertigung, keine menschliche, keine christliche und keine politische.«

Der Redner erinnerte daran, dass auch die Befürworter der Bombe ihre Wirkung sehr gut kennen. Aber sie sagen: Die Drohung damit sei das sicherste Mittel, jeden Angreifer abzuschrecken. Jedoch, so mahnte der Redner: »Das theoretische Nein zum Atomkrieg ist auf die Dauer schwächer als das praktische Ja zu ihm.« Denn dies sei eine der »gefährlichsten Illusionen derjenigen, die den Krieg dadurch angeblich verhindern wollen, dass sie ihn vorbereiten. In diesem Glauben verrät sich eine fatale Unkenntnis der modernen Kriegszusammenhänge«. Dazu gehöre die Möglichkeit des Atomkriegs aus Versehen, aus einem Manöver heraus, das aus dem Ruder läuft, aus dem Drücken eines Wahnsinnigen auf den roten Knopf.

Ich erinnere an den sowjetischen Oberst Stanislaw Petrow, der 1983 durch besonnenes Handeln das atomare Inferno vermied. Ferner an den Nato-Mitarbeiter Rainer Rupp, der ebenfalls im letzten Moment Moskau vor einer falschen Reaktion auf einen anscheinend erfolgten Angriff warnen konnte. Solche Besonnenheit darf von heutiger KI, von Künstlicher Intelligenz, die Raketen und Drohnen steuert, nicht erwartet werden.

Nun kann man sagen: Die Abschreckung hat ja 60 Jahre funktioniert, und manche denken wohl, sie wird auch weitere 60 Jahre funktionieren. Das Problem ist jedoch: Heute wird von den Militärs und scharfmacherischen Politikern ja nicht mehr gesagt: Wir wollen Frieden, wir wollen ihn durch Abschreckung. Nein, sie sagen ganz offen, was die Militärführung plant, nämlich die Verwirklichung einer Politik, die nur mit Krieg zu erreichen ist. Der Chef des deutschen Heeres, General Alfons Mais, sprach es aus: Das Heer müsse »kriegsbereit und siegesfähig« sein, das deutsche Militär müsse »letztendlich gewinnen können« (aus der Schrift: »Das Deutsche Heer im Lichte eingegangener Bündnisverpflichtungen – in Zukunft noch leistbar?«).

Ziel der NATO ist der Regime-Change in Russland und China. Dazu wird auch atomar gerüstet. Wir sind heute hier beim Ostermarsch, um dieser gefährlichen Politik entgegenzutreten.

Schon vor sechs Jahren erfuhren wir von den Kriegszielen der Nato und der USA folgendes: Es gelte, die russische und auch die chinesische Gesellschaft dazu zu bringen, dem »ukrainischen Maidan-Beispiel zu folgen« und eine Regime-Change herbeizuführen (lt. Süddeutsche Zeitung 25. 2. 2014). Ein Wettrüsten ungeheuren Ausmaßes soll China und Russland in die Knie zwingen. Und an den Grenzen dieser Länder bauen Bundeswehr, Nato und USA eine gewaltige Drohkulisse auf, so mit dem Manöver Defender, das wieder bevorsteht.

Im Mittelpunkt der Aussagen zum diesjährigen Ostermarsch steht wieder die Forderung nach atomarer Abrüstung. Dies ist in der Zeit der Dreifachkrise der Pandemie und der Gesundheitspolitik, der Klimapolitik und der Krise der internationalen Beziehungen das vordringliche Ziel – heute noch dringlicher als vor 60 Jahren.

Ich erinnere daran: Deutschland rüstet auf wie nie zuvor und beteiligt sich jedes Jahr an Manövern zur direkten Vorbereitung eines Atomkrieges in Europa. Diese Manöver heißen Cold Igloo und Steadfast Noon. Zur Übung gehört auch der Einsatz von Bundeswehr-Kampfjets bei Angriffen mit Atombomben. Die Militärs nennen das verharmlosend »Nukleare Teilhabe«. Solche »Teilhabe« wäre das Ende der Zivilisation in Europa.

Die Atombomben im deutschen Büchel sollen nach US-Plänen bis 2024 durch neuartige Arsenale ersetzt werden, die keine normalen Fallbomben mehr sind, sondern die wie Marschflugkörper und Kampfdrohnen einen Zielfindungsmechanismus haben, der sie besonders zielgenau und damit umso besser einsetzbar macht. Die Militärs sprechen davon, dass diese Systeme »gebrauchsfreudiger« sind. Sie senken also die Schwelle zum Atomkrieg. Die Friedensbewegung stellt sich diesem Wahnsinn am Nuklearstandort Büchel mit Aktionen wie unserem Ostermarsch entgegen. Wir kämpfen mit der Forderung nach einer De-Nuklearisierung für das Überleben der Menschheit.

Als der Sozialabbau mit Hartz IV und Agenda 2010 einsetzte – beschlossen von SPD und Grünen und lebhaft begrüßt von FDP und CDU/CSU –, sagte der damalige Kriegsminister Peter Struck auf die Frage nach der Bezahlbarkeit seiner Rüstungspläne: »Die Agenda 2010 wird ihre Früchte tragen und auch dem Haushalt« – dem Rüstungsetat! – »mehr Spielraum verschaffen« (Süddeutsche Zeitung, 4. 2. 04). Die Regierungspolitiker haben also zugegeben, dass die Bevölkerung für Krieg und Rüstung bezahlen soll. Und sie hat ja auch bezahlt. Heute im Wahlkampf müssen wir deutlich machen: Wir brauchen eine andere Politik. Wir brauchen wirkliche Reformen. Reformen für ein besseres Leben der Menschen. Für Frieden, Rettung des Klimas und soziale Gerechtigkeit.

Abschließend möchte ich noch einmal auf die Anfänge der Ostermarschbewegung 1960/61 zurückkommen. Die Ostermärsche wurden notwendig, weil die SPD die Politik des Friedens damals zugunsten einer Politik der Nato aufgegeben hat, um regierungsfähig zu werden.

Auch Willy Brandt mit seiner Ostpolitik hat die Unterordnung unter die Nato nie in Frage gestellt, und die Kanzler Schmidt und Schröder standen für Raketenrüstung und dann für Bomben auf Belgrad. Heute steht wieder eine linke Oppositionspartei vor der Frage: Wie weiter. Ich kann nur abraten, der Politik Herbert Wehners von 1960 zu folgen. Der Frieden wird mit der Nato-Politik niemals zu erreichen sein. Daher kann es nur darum gehen, einer Regierung fernzubleiben, die eine Politik betreibt, die zum Kriege führen wird, wenn wir ihr nicht in den Arm fallen. Um dabei Erfolg zu haben, bedarf es einer starken außerparlamentarischen Bewegung sowie der Gemeinsamkeit von Klimabewegung, Friedensbewegung und Gewerkschaften.

Gemeinsam schaffen wir es!

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